Messung ökobilanzrelevanter Parameter von MIMO-Kommunikationssystemen in der IHP-Antennenmesskammer

Ein Beitrag von Dr. Goran Panic, wissenschaftlicher Mitarbeiter (System Architectures / Wireless Broadband Communication Systems) und Koordinator für den Hub 2 im Green ICT Projekt am Leibniz-Institut für innovative Mikroelektronik (IHP).

In diesem Tech-Blog stellen wir die Aktivitäten des IHPs im Hub 2 des Green-ICT-Projektes rund um den Aufbau eines Mess-Hubs zur Erfassung aller für die Ökobilanz relevanten Parameter von drahtlosen Kommunikationssystemen vor. Dazu gehört der Aufbau und die Automatisierung einer Antennenmesskammer, die für die Charakterisierung und Analyse von HF-Kommunikationsgeräten optimiert ist, die im mm-Wellen- und Sub-THz-Spektrum arbeiten. Zur Validierung des Aufbaus haben wir die Leistungs- und Performanceanalyse eines 60-GHz-4×4-LoS-MIMO-Systems auf Basis kommerzieller Funkmodule durchgeführt.

Im Rahmen der Projektaktivitäten rüstete das IHP eine 7 m x 4 m x 2 m große Messkammer mit einem neuen Positionierungssystem aus. Dieses bestehet aus einem festen Rotationspositionierer und einem linearen Translationspositionierer mit Rotationsfunktion. Eine neue Steuereinheit mit vier Steuerausgängen für die Positionierer wurde installiert und Software zur Automatisierung der Messungen entwickelt. Darüber hinaus wurden verschiedene Messaufbauten für die HF- und Antennenmessung definiert und die erforderliche Ausrüstung ausgewählt. Die ausgewählte Ausrüstung für die HF-Komponentencharakterisierung und Spektralanalyse umfasst einen Spektrumanalysator und ein Oszilloskop, die mit Frequenzen bis zu 67 GHz arbeiten, aber mit entsprechenden Extendermodulen auch Messungen im Bereich bis 300 GHz durchführen können. Für die modulierte Signalerzeugung und Hardware-in-the-Loop-Messungen stehen eine Reihe von Wellenformgeneratoren zur Verfügung. Stromverbrauchsmessungen erfolgen durch programmierbare Mehrkanal-Netzteile. Diese wurden in die automatisierte Umgebung integriert, welche ferngesteuerte Messungen und Datenaufzeichnungen ermöglicht.

Abb. 1 Messung einer 4×4 60 GHz MIMO-Verbindung in der Antennenmesskammer des IHP, inkl. dem MIMO-Sender (links) und dem MIMO-Empfänger (rechts) im Messaufbau. © IHP

Um den installierten Messaufbau und die etablierten Verfahren zu verifizieren, wurden die Messungen an einem 60-GHz-4×4-LoS-MIMO-Link-Setup durchgeführt (Abb. 1). Die Installation basierte auf kommerziellen 60-GHz-Funkmodulen von Analog Devices. Die RF-Frontends sind 802.11ad-konform mit einer RF-Bandbreite von 2 GHz. Sie verfügen über eine programmierbare ZF- und HF-Verstärkung und sind mit einer 20-dBi-Hornantenne ausgestattet. Vor dem Aufbau der MIMO-Konstellation wurde die Tx-Ausgangsleistung jedes einzelnen Moduls in der Messkammer charakterisiert. Darüber hinaus wurde auch der Stromverbrauch für jede Verstärkungseinstellung gemessen (Abb. 2). Das Strahlungsdiagramm der Antenne wurde nicht gemessen, da es vom Hersteller der Module bereitgestellt wurde.

Abb. 2 TX-Ausgangsleistung für 15 verschiedene VGA-Einstellungen mit einer schrittweisen Erhöhung um ca. 1,8 dB (links). Dynamischer Stromverbrauch für den gesamten Bereich der TX-Ausgangsleistung (rechts). © IHP

Nach der Charakterisierung der Verstärkung und der Leistung einzelner Module wurde in der Antennenmesskammer ein 60-GHz-4×4-LoS-MIMO-Link-Setup in einer Hardware-in-the-Loop-Konfiguration aufgebaut (Abb. 3). Neben den beiden 4-Kanal-60-GHz-Transceiver-Arrays umfasste der Aufbau die erforderliche Ausrüstung zur Signalerzeugung und -aufzeichnung sowie die mehrkanaligen Stromversorgungsquellen mit integrierter Aufzeichnungsfunktion für den Stromverbrauch. Die Übertragungsparameter wurden auf 5 m Entfernung optimiert und das übertragene Signal wurde QPSK-moduliert. Ziel war es, die Signalqualität (rmsEVM) und die Bitfehlerrate (BER) für verschiedene Verstärkungseinstellungen zu messen und sie dem Stromverbrauch zuzuordnen (Abb. 4). Die Messungen wurden für SISO-, 2×2-MIMO- und 4×4-MIMO-Verbindungen durchgeführt. Die verwendete Signalbandbreite pro QPSK-Stream betrug 1,76 GHz. Unter Berücksichtigung der spektralen Effizienz eines QPSK-Signals von 2 bit/s/Hz betrug der Gesamtdatendurchsatz pro einzelnem Stream 3,52 Gbit/s. Dementsprechend betrug der aggregierte Durchsatz für 2×2 MIMO 7,04 Gbit/s und für 4×4 MIMO 14,08 Gbit/s. Die Messungen ergaben, dass bei den festgelegten Reichweiten- und Signalparametern die Bitfehlerrate der SISO-Verbindung bei der Verstärkungseinstellung von „3“ (‑6 dBm) unter 1E-3 liegt. Für 2×2 MIMO und 4×4 MIMO wurde bei der Verstärkungseinstellung von „2“ (-8 dBm) die gleiche Bitfehlerrate erreicht. In Zahlen ausgedrückt betrug der gemessene dynamische Stromverbrauch des 60-GHz-Frontends in der SISO-Verbindung 1,805 W, was einem mit dem Datendurchsatz gewichteten Stromverbrauch von 0,513 W/Gbit/s entspricht. In der dynamischen Leistungsaufnahme ist die statische Leistungsaufnahme von ca. 1,5 W nicht enthalten, welche sich auf die konstant bleibende Leistungsaufnahme im Trägerboard bezieht. Mit zunehmender Anzahl von Streams skaliert sowohl der aggregierte Datendurchsatz als auch der dynamische Stromverbrauch linear. Wenn der Stromverbrauch jedoch auf den Datendurchsatz normalisiert wird, bleibt er erwartungsgemäß mehr oder weniger konstant und steigt bei einer größeren Anzahl von Streams nur geringfügig an.

Abb. 3 Architektur des experimentellen Messaufbaus mit genutzter Messtechnik. © IHP

Die Analyse hat gezeigt, dass für das gemessene MIMO-Setup die beste Energiesparstrategie darin besteht, eine größere Modulationsordnung zu wählen, um die Anzahl der notwendigen Streams zu minimieren. Dies erklärt sich dadurch, dass die Erhöhung der Verstärkung zur Unterstützung höherwertiger Modulationen relativ geringe Auswirkungen auf die Erhöhung des dynamischen Stromverbrauchs in den gemessenen Frontends hat. Für eine bessere Beurteilung ist es jedoch erforderlich, den Einfluss der Signalverarbeitung auf den Gesamtstromverbrauch einzubeziehen, da bei Modulationen höherer Ordnung damit zu rechnen ist, dass auch der Stromverbrauch ansteigt.

Leibniz-Institut für integrierte Schaltungen, IHP -
Abb. 4 Gemessene Signalqualität und Bitfehlerraten für unterschiedliche Anzahlen von MIMO-Streams (1, 2 und 4) und 15 verschiedene TX-Verstärkungseinstellungen. © IHP

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