Fraunhofer ENAS – Die globalen Herausforderungen in der Landwirtschaft sind vielschichtig: Eine stetig wachsende Weltbevölkerung, klimatische Veränderungen und knapper werdende Ressourcen verlangen nach technologischen Lösungen, die Effizienz und Nachhaltigkeit gleichermaßen adressieren. Während die Digitalisierung längst Einzug in die Agrarwirtschaft gehalten hat, stehen Fragen nach der ökologischen Verträglichkeit digitaler Technologien zunehmend im Mittelpunkt.
Im abgelaufenem Forschungsprojekt PLANtAR (gefördert durch das BMBF, 16ME0160) konnte gezeigt werden, wie nachhaltige Informationstechnik (Green IT) and Smart Farming in Zukunft zusammenfinden können. Entwickelt wurde ein nahezu biologisch abbaubares, drahtlos vernetztes Sensorsystem, das landwirtschaftliche Flächen überwacht und gleichzeitig die Umwelt schont. Ziel war eine ressourceneffiziente, materialarme und nahezu vollständig kompostierbare Sensortechnologie, die nach der Ernte ohne Rückstände im Boden verbleiben kann.
Die Sensoren messen zentrale Parameter wie Bodenfeuchte, Temperatur, Blattfeuchte and Nitratgehalt. Auf dieser Grundlage lassen sich Bewässerung, Düngung und Pflanzenschutz präzise steuern. Damit wird nicht nur der Ressourceneinsatz reduziert, sondern auch die Einhaltung regulatorischer Grenzwerte (EU-Nitratrichtlinie) unterstützt.
Technologisch setzt das System auf additive und druckbasierte Fertigungsverfahren. Sensorträger, Antennen und Batterien werden auf biologisch abbaubaren Substraten wie Holz, Papier und PHA-basierten Biopolymeren realisiert. Selbst die Energieversorgung erfolgt über eine gedruckte Zink-Kohle-Batterie, deren Materialien unbedenklich und teilweise kompostierbar sind. Für die Datenübertragung wird eine gedruckte Bluetooth-Antenne eingesetzt, die mit geringen Energiekosten eine akzeptable Reichweite erreicht.



Diese Verbindung von Materialinnovation und Informationsverarbeitung steht exemplarisch für den Paradigmenwechsel hin zu einer ökosystemverträglichen Digitalisierung. Statt auf konventionelle, nicht recycelbare Elektronik zu setzen, werden hier inert sowie biologisch abbaubare Werkstoffe genutzt, um Informationssysteme in natürliche Stoffkreisläufe einzubetten.

Komponenten der Sensoren werden mittels Rolle-zu-Rolle- und Siebdruckverfahren kostengünstig hergestellt, was in Zukunft eine dichte Sensorverteilung über große Flächen ermöglicht. Nach der Vegetationsperiode zersetzen sich die Systeme im Boden, was einen wichtigen Beitrag zur Reduktion von Elektronikabfällen in der Landwirtschaft darstellt.
Ein am Feldrand befindliches Gateway-System, sammelt die Messwerte ein und überträgt diese via Mobilfunk in eine Cloud-Infrastruktur. Dort können Expertensysteme und Machine-Learning-Algorithmen die Daten auswerten, um feldspezifische Bewirtschaftungsempfehlungen zu generieren.
Der Ansatz verbindet Informationstechnik, Materialwissenschaft und Agrarökologie zu einem integrierten System nachhaltiger Datenerhebung. In diesem Sinne ist das Projekt nicht nur ein Beitrag zu „Precision Farming“, sondern auch ein Beispiel für ressourceneffiziente IT-Systemgestaltung.
Künftige Entwicklungsstufen sollen die Anzahl elektronischer Komponenten weiter reduzieren und umweltverträgliche Substratmaterialien für Schaltungsträger einführen.
Das vorgestellte Konzept zeigt, dass Nachhaltigkeit und Digitalisierung keine Gegensätze sind. Vielmehr eröffnen biologisch abbaubare IoT-Systeme neue Wege, um ökologische und ökonomische Ziele miteinander zu verknüpfen, und damit den Grundstein für eine klimaneutrale, datengetriebene Agrarwirtschaft zu legen.

Quellen:
[1] Kurth, S.; Voigt, S.; Zichner, R.; Roscher, F.; Weigel, P.; Großmann, T. Technologies for biodegradable wireless plant monitoring sensors. In Proceedings of the Smart Systems Integration (SSI), Grenoble, France, 27–29 April 2021; pp. 1–4. https://doi.org/10.1109/SSI52265.2021.9466974.
[2] Voigt, S.; Willert, A.; Mende, W.; Zschau, T.; Oehme, T.; Zichner, R.; Environmental friendly and low cost monitoring system for plant and agriculture fields. In Proceedings of the Smart Systems Integration (SSI), Bruges, Belgium, 28–30 March 2023; pp. 1–4. https://doi.org/10.1109/SSI58917.2023.10387957.
[3] Willert, A.; Voigt, S.; Zschau, T.; Zichner, R.; Printed Primary Battery in a Rolled-Up Form Factor. Designs 2024, 8, 62. https://doi.org/10.3390/designs8040062
[4] Maarten van der Zee, Martin Zijlstra, Jos Balendonck; Biodegradability of sensors: Evaluation of the sensors developed in the PLANtAR project, https://doi.org/10.18174/683295